Das Ende der Welt ist gleichzeitig auch das Tor zur Neuen. In Cádiz wurde 1812 nicht nur die erste Verfassung Spaniens verabschiedet. Nach dem Niedergang Sevillas – durch die Versandung des Flusses Guadalquivir – wurde die Stadt ab dem 15. Jahrhundert zum Eingangstor der damaligen Weltmacht. Hier landeten die Schiffe aus den Kolonien an und brachten Gold, Wissen und Ruhm zurück in die alte Welt. Nicht erstaunlich, dass die Spanier deshalb Cadiz zur damals am besten befestigten Stadt der westlichen Welt ausbauten.
In diesem einmalig auf einer in den Atlantik herausfliehenden Halbinsel gelegenen Städtchen, konkret im „puerto de America“, liegt nun auch unsere TUVALU (siehe auch hier). Also praktisch an der südlichste Spitze Spaniens, wenn man mal von den kanarischen Inseln absieht. Auf drei Seiten umgeben vom Meer scheint Cadiz nur durch eine Nabelschnur locker mit den Festland verbunden im Atlantik zu schwimmen. Enge Gassen, wunderschönen patios, pittoreske Altstadtplätze, exzellenten Tapas und die guten Weine. Und vor allem unglaublich netten Menschen.
Rausgespült aus dem Mittelmeer liegen wir hier nun zum Absprung bereit. Langsam gewöhnen wir uns an die Neuigkeiten: zwei Meter Tidenhub, alle 6 Stunden geht’s rauf und wieder runter. Aus- und Einfahrten sind nun auch mit den Strömungen zu planen. Gleichzeitig ist auch wieder fröhliches Basteln angesagt. Defekte Beleuchtungen im Kompass und Motor-Instrumentenanzeige werden ausgetauscht, Ersatzteile eingekauft, diverse Beschläge ausgetauscht, die Kommunikations- und Wettersoftware verbessert. Zur Belohnung gibt’s dann Abends Tapas und Rotwein in der Altstadt. So hält sich, wie wir gleich sehen werden, auch bei uns das „Arbeiten“ in Grenzen.
Denn das Gold, so merken wir schnell, strömt nicht mehr nach Südspanien. Sechzig Prozent (ja: 60% !!) Arbeitslosigkeit in Cadiz. In Sevilla, das wir eigentlich den Fluss Guadalquivir raufsegelnd anlaufen wollten, wird eine „Revolutionssteuer“ von 200€ verlangt – der Tradition folgenden bleiben wir so lieber in Cadiz. Das 1990 erstellte Hafengebäude im Puerto de America, exzellente Beton – Architektur mit poetischer Umsetzung der maritimen Welt – liegt genauso wie anno dazumal da, als ich es zum ersten mal kurz nach deren Fertigstellung besichtigte: Keinen Tag benutzt. Aber nun schon langsam verrottend. Liegt vielleicht in solchen Fehlinvestitionen einen der Gründe der aktuellen Krise in Spanien? Doch alles hat auch seine guten Seiten: Der Liegeplatz im Puerto de America kostet nur 15€, da lacht die Bordkasse und die Tapasbar.
Jeden Abend belauschen wir beim Heimkehren auf der Hafenmole ein Phänomen. Eine Gruppe von gut vierzig Musikern, alle so zwischen 20 – 30 Jahre alt, treffen sich hier zur Probe. Trommeln und Blasmusik. Geübt wird für die „marchas procesionales“, die Prozessionen der Semana Santa. So wiegt uns abend für abend die inbrünstige Klagemusik in den Schlaf. Fünf mal die Woche, das ganze Jahr durch wird hier geübt. An Ausdauer, Wille und Hingabe scheint es den jungen Andalusiern nicht zu fehlen. Trotz, oder gerade wegen der Krise.
Ps.
Vom 13.-24.November reisen wir erneut nach Barcelona. Familienbesuch – im speziellen Immas kranker Vater – und ein paar Tage Arbeit für Hans ist angesagt.
Für unsere Freunde aus C.N.Garraf: Bei einem Ausflug nach Sancti-Petri erleben wir eine weiter unerwartete Begegnung. Im Club Nautico sehen wir einen Aushang, der die erste von einer Serie von Vorträgen ankündigt. Nichtsahnend gehen wir hin. Die Überraschung ist gross: denn der Referent ist Joan von der TORRE DE VUIT aus Garraf, der von seinen Atlantik – Überquerungen berichtet. Die Welt ist klein!
Nos alegramos de oír y de ver que la atmósfera maritima de la ciudade de Cádiz con la grande historia os gustáis. Qué tengáis un tiempo favorable.
Kurt y Katharina / Flor do Mar